Deutsche Beziehungskomödien 1989-2001

Filmauswahl mit typischen Vertretern der Gattung der Beziehungskomödie, aber auch Variationen der Thematik.

Freitag, 25. August 2023, ab 18:30 Uhr
Samstag, 26. August 2023, ab 12:00 Uhr
Sonntag, 27. August 2023, ab 12:30 Uhr
Festsaal

Der Komödien-Boom der 90er gehört zu den nachhaltigsten Entwicklungen der jüngeren deutschen Filmgeschichte, doch gewiss nicht zu den renommiertesten: Die Zeit wird eher mit einer gewissen Verächtlichkeit erinnert, ernstzunehmende Auseinandersetzungen folgten kaum. Viele der damals Beteiligten sind derweil immer noch vielbeschäftigt in Kino und Fernsehen unterwegs. Eine Spaltung, die sich schon in den 90ern selbst andeutete: Während Filme wie Der bewegte Mann oder Männerpension ungeahnte Besucherscharen in die Kinos lockten und ganz offen den Anspruch vertraten, ein möglichst breites Publikum ansprechen zu wollen, schossen sich Teile der Filmkritik schon bald auf diese Entwicklung ein, es kam zu regelrechten Grabenkämpfen zwischen Filmemachern und Feuilletons.

Auch im Rahmen von Retrospektiven ist diese Ära bislang kaum erschlossen – so bricht beispielsweise „Lachende Erben“, das Langzeitprojekt des Zeughauskino zur deutschen Komödie, nach den 80ern ab. Um sich dem umfangreichen Filmkorpus zu nähern, sei der Fokus auf das populärste Subgenre gerichtet, die Beziehungskomödie. Dabei versammelt die Filmauswahl zahlreiche typische Vertreter der Gattung, wie Allein unter Frauen oder Ein Mann für jede Tonart, aber auch Variationen der Thematik von einer älteren Autorenfilm-Generation, vertreten durch Robert van Ackeren und Rudolf Thome. Mit Du bringst mich noch um erlaubt sich die Schau auch einen Seitenblick auf einen österreichischen Beitrag zum Genre, der allerdings mit klarem Blick auf Kompatibilität mit dem deutschen Markt produziert wurde. Durch eine leichte Öffnung der gewählten Zeitspanne in Richtung der ausgehenden 80er und der beginnenden 00er wird deutlicher, wie sich die Beziehungskomödie vor ihrem kommerziellen Durchbruch aus einer neuen Generation des jungen Autorenfilms heraus entwickelte – und wie sie sich, als die Hochphase sich dem Ende neigte, an neuen Formen versuchte, in Thema Nr. 1 beispielweise mit der Dogma-Ästhetik experimentierte.

Was die Reihe nicht zuletzt abzubilden gedenkt, sind gesellschaftliche Entwicklungsprozesse der 90er: Der Übergang vom ausklingenden Bohème-Lebensgefühl in Abgeschminkt zur durchprofessionalisierten, Lifestyle-fixierten Arbeitswelt in Workaholic, die Navigationsversuche einer Generation, die so behütet und sorglos aufwächst wie kaum eine zuvor und dabei gelegentlich umso verlorener wirkt. Nebenher verdeutlicht die Filmauswahl auch die zunehmende Präsenz von Regisseurinnen im kommerziellen Kino: Für Doris Dörrie oder Katja von Garnier war die Beziehungskomödie jeweils der Startschuss in lange, erfolgreiche Karrieren.

Vor den 11 analog projizierten Langfilme dieser Reihe werden, um der Fülle und Bandbreite des Sujets gerecht zu werden, auch analoge Trailer gezeigt.

Die Reihe wird kuratiert von Carolin Weidner und Felix Mende.

 

Du bringst mich noch um

Filmprogramm:

Freitag, 25. August 
18:30 Uhr 
Keiner liebt mich  
Deutschland 1995. R: Doris Dörrie. D: Maria Schrader, Pierre Sanoussi-Bliss, Michael von Au, Elisabeth Trissenaar. 98 Min. 35mm. 

Mit welcher nahezu beiläufiger Leichtigkeit sie die Tonarten von Komödie zu Tragödie wechselt und mit einem Umweg über gesamtgesellschaftliche Beobachtungen wieder zurück, dabei von hinreißend-bitterem Witz und Schmerz erzählt – das muss man sich erst einmal trauen, Doris Dörrie nachzumachen! (Florian Widegger) 
One by one the lights go out in a sprawling Cologne, Germany, skyscraper, a forlorn metaphor for urban isolation in German filmmaker Doris Dorrie’s “Nobody Loves Me.” This sweetly offbeat comedy celebrates one young woman’s attempt to break free of her self-absorption and to shake off her city-dweller’s psychic shield. (The Washington Post)

21:00 Uhr 
Abgeschminkt! 
Deutschland 1993. R: Katja von Garnier. D: Katja Riemann, Nina Kronjäger, Gedeon Burkhard, Max Tidof. 54 Min. 35mm. 

Zu Gast: Katja von Garnier (angefragt)

Eigentlich ein selbstironischer Blick auf Frauenfreundschaften und das Liebevolle daran und dann diese Absurdität, wenn es irgendwie um Jungs geht. Da habe ich komödiantisches Potential gesehen, und das haben wir dann gemacht. (Katja von Garnier) 

Samstag, 26. August 

12:00 Uhr 
Allein unter Frauen  
Deutschland 1991. R: Sönke Wortmann. D: Thomas Heinze, Jennifer Nitsch, Carin C. Tietze, Meret Becker. 88 Min. DCP. 

Sönke Wortmann hat eine für (bundes-)deutsche Filmemacher seltene Einstellung zu seinen Charakteren: er liebt sie. Nur in ihre Figuren verliebte Regisseure können so inszenieren, dass man das Kino mit ein paar neuen Freunden verlässt. (Olaf Möller)

14:00 Uhr 
Die wahre Geschichte von Männern und Frauen  
Deutschland 1992. R: Robert van Ackeren. D: Sonja Kirchberger, Gudrun Gabriel, Andréa Ferréol, Thomas Heinze. 99 Min. 35mm. 

Robert van Ackeren borgt sich die Grundkonstellation von Allein unter Frauen – Thomas Heinze als Hausmann in einer Frauen-WG –, übersetzt sie in eine seiner abstrakten erotischen Versuchsanordnungen, und führt dabei den Beziehungskomödien-Boom ad absurdum, noch bevor er überhaupt richtig begonnen hat.

16:30 Uhr 
Das Mambospiel  
Deutschland 1998. R: Michael Gwisdek. D: Corinna Harfouch, Michael Gwisdek, Jürgen Vogel, Henry Hübchen. 108 Min. 35mm. 

In der verrückten Liebesgeschichte zwischen einem arbeitslosen Schauspielerund seiner Ex-Freundin spielt Gwisdek – praktischerweise zusammen mit Ehefrau Corinna Harfouch – die Problematik einer langjährigen, hoffnungslosen Partnerbeziehung von Künstlern durch. (Mitteldeutsche Zeitung) 

20:30 Uhr 
Just Married  
Deutschland 1998. R: Rudolf Thome. D: Laura Tonke, Herbert Fritsch, Marquard Bohm, Johannes Herrschmann. 80 Min. 35mm. 

Eine schwarze Komödie, die Thomes Sicht auf das Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit illustriert. Ein Pamphlet, bei dem Männer und Frauen gleich schlecht wegkommen – oder gleich gut, je nachdem. (Ralf Schenk) 

22:30 Uhr 
Weibsbilder  
Deutschland 1996. R: Leon Boden. D: Lydia Andrei, Andrea Schieffer, Ingo Naujoks, Rolf Zacher. 86 Min. 35mm. 

Eine attraktive Französin in Düsseldorf, deren Liebhaber durch Unglücksfälle ums Leben kommen, und ihre Freundin, eine selbstbewusste, unabhängige Talkshow-Moderatorin, geraten in turbulente Verwicklungen, als die Französin einen Sexshop erbt und sich die beiden Frauen ahnungslos denselben Liebhaber teilen. (Filmdienst) 

Sonntag, 27. August 

12:30 Uhr 
Workaholic  
Deutschland 1996. R: Sharon von Wietersheim. D: Christiane Paul, Tobias Moretti, Ralf Bauer, Nadeshda Brennicke. 89 Min. 35mm. 

So viel muss reichen: Schicke Wohnung, junge Liebe, Klaviermusik bei Trennungsschmerz, Quotenschwule, Karrieredruck, Rockmusik bei Kamerafahrten, Geschlechtsverkehr an ungewöhnlichen Schauplätzen und ein süßer, kleiner Hund. (Richard Oehmann) 

14:30 Uhr  
Tiger, Löwe, Panther  
BRD 1989. R: Dominik Graf. D: Natja Brunckhorst, Martina Gedeck, Sabine Kaack, Thomas Winkler. 97 Min. 35mm. 

Zu Gast: Dominik Graf (angefragt)

Im Mittelpunkt stehen drei junge Frauen und fünf junge Männer, die sich mögen und verabscheuen, sich streiten und wieder beruhigen, sich binden und schnell wieder lösen. […] Graf (und seine Autorin Sherry Hormann) feiern die heitere Schwere des Lebens, die sonderbare Anmut des Zufalls, die unerträgliche Leichtigkeit des Absurden. (Norbert Grob)

18:30 Uhr 
Du bringst mich noch um  
Österreich 1994. R: Wolfram Paulus. D: Katja Flint, August Zirner, Gabriela Benesch, Georg Schuchter. 98 Min. 35mm. 

Wolfram Paulus schildert diese „verhängnisvolle“ Affäre in hohem Tempo und mit viel Witz, ohne dabei je die Ernsthaftigkeit der Situation aus den Augen zu verlieren: unaufgeregt, und doch immer wieder brodelnd. Ein echtes Kleinod des österreichischen Kinos der 1990er-Jahre. (Florian Widegger) 

20:30 Uhr 
Thema Nr. 1 
Deutschland 2001. R: Maria Bachmann. D: Antje Schmidt, Nicole Marischka, Katarina Klaffs, Sissy Höfferer. 88 Min. 35mm. 

Vier Frauen reden über Männer, die man nie zu sehen bekommt. Die Grundidee kommt von George Cukor, die MiniDV-Ästhetik von der Dogma-Bewegung, und das Themenarsenal aus einem Jahrzehnt deutscher Beziehungskomödie. Deren Diskurse werden einem hier nochmal mit Hochdruck um die Ohren gepfeffert, unerbittlich und trotzdem überraschend zärtlich.

 

PREISE
Eintrittspreis: 5 €
Dauerkarte: 45 €

Organisiert vom Filmkollektiv Frankfurt.

Herzlichen Dank an: Meghann Munro – Björn Schmitt (Pupille e.V.), Andreas Beilharz (DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum), AStA der Goethe-Universität, Sekretariat des AStA, Anselm Heller, Nikolas Schuppe

Gefördert von Hessen Film und Medien und dem Kulturamt der Stadt Frankfurt

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